Schlagwort: 4. Sinfonie

Neue Lindberg-CD ab heute im Handel!

Allan Pettersson (1911-1980) AP416

Symphonie Nr. 4 (1959)
Symphonie Nr. 16 (1979)

Jörgen Pettersson, Altsaxophon
Norrköping Symphonieorchester, Christian Lindberg

BIS BIS-SACD-2110, (inkl. Bonus-DVD), VÖ: 1.10.2014, 7318599921105

 

Pettersson war durch und durch Symphoniker. Nach seinem ersten, unvollendeten Versuch (Symphonie Nr. 1, später von Christian Lindberg komplettiert und auf BIS 1860 eingespielt) komponierte er noch 15 weitere Symphonien und hinterließ bei seinem Tod 1980 ein weiteres Fragment. Daneben komponierte er nur sechs andere Werke. Nur die Jahre vor der Veröffentlichung der 4. Symphonie scheinen Jahre des Innehaltens gewesen zu sein, ausgelöst durch den Misserfolg der 3. Symphonie 1956. Die 4. hat einen biographischen Bezug; Petterssons Mutter war gestorben, und er schrieb in sein Tagebuch: “Symphonie Nr. 4. Für meine Mutter, die heimgegangen ist in das Leben, in dem Güte in Gott verkörpert wird.” Die choralartigen Passagen dieser Symphonie werden direkt inspiriert sein durch die Lieder, die ihm seine tief religiöse Mutter in seiner Kindheit vorgesungen hat. Ganz anders der Ansatz der 16. Symphonie, in der Pettersson das Saxophon solistisch auftreten lässt und die von der Spannung zwischen wilden, eruptiven und langsamen, ruhigen Abschnitten lebt. Als Bonus liegt der SACD eine DVD bei mit einem zweiundfünfzigminütigen Interview, 1974 von Sveriges Television aufgezeichnet: “Vem fan är Allan Pettersson?” (Wer zur Hölle ist Allan Pettersson?)

in Dresden z. B. bei Opus 61 bestellbar.

News – Rückschau und Vorschau

Das Jahr 2014 ist bereits fünf Wochen alt, es wird Zeit, einige Pettersson-Neuigkeiten zu sammeln, da sowohl Konzerte anstehen als auch in der Rückschau berichtet werden kann. Deshalb gibt es heute einen News-Thread über verschiedene Ereignisse.

Am 17.11.2013 traf sich in Hamburg die IAPG zur Mitgliederversammlung. Zum amtierenden Vorstand wurden gewählt: Dr. Michael Kube (1. Vorsitzender), Prof. Dr. Peter Ruzicka (2. Vorsitzender), Alexander Keuk, Sabrina Kube und Martin Gelland.

Im Januar war in Norrköping – nun schon „traditionell“ – der Aufnahmetermin für die nächste BIS-CD des „Allan Pettersson Project“. Die im Herbst 2013 aufgeführten Sinfonien Nr. 4 und Nr. 16 wurden nun aufgenommen, Christian Lindberg leitete das Norrköping Symphony Orchestra. In einem Video wurde die Produktion dokumentiert:

Christian Lindberg wird die 4. Sinfonie nun in einem weiteren Konzert präsentieren – es handelt sich um ein Konzert des Transsylvania State Philharmonic Orchestra in Cluj-Napoca (Rumänien) am 28. Februar. Nähere Informationen gibt es auf der Website des Orchesters. Es gibt auch Signale, dass Lindberg künftig mit weiteren Orchestern Pettersson aufführen wird. Das wäre ein wichtiger Effekt des Projektes – weiterhin ist zu vermelden, dass die Facebook-Seite des AP-Projektes schon über 1100 Fans verzeichnet.

Ein Pettersson-Konzert in Schweden, das Ende Januar stattfand, war mir bis vor kurzem gar nicht bekannt, erst als eine Rezension veröffentlicht wurde, erfuhr ich davon. Jonas Lindgaard (Violine) und das Weber-Quartett spielten das 1. Violinkonzert in Konzerten in Härnösand, Sollefteå und Sundsvall. Eine Rezension ist auf allehanda.se zu lesen.

Eine traurige Meldung erreichte uns vor wenigen Tagen – der Dirigent Gerd Albrecht ist am 2. Februar im Alter von 78 Jahren in Berlin gestorben. Albrecht war Ehrenmitglied der Internationalen Allan Pettersson Gesellschaft, gilt er doch als einer der „Pioniere“ in der Rezeption des Komponisten vor allem im deutschsprachigen Raum. Die 7. Sinfonie nahm Albrecht 1991 mit dem Philharmonischen Staatsorchester Hamburg auf, sie erschien 1992 in der cpo-Edition und wurde mit dem Preis der Deutschen Schallplattenkritik ausgezeichnet. 1994 nahm er mit dem gleichen Orchester die 8. Sinfonie auf (für Orfeo).  Schon 1988 hat Albrecht Pettersson dirigiert – in einem Konzert mit den Berliner Philharmonikern (!) erklang damals die 7. Sinfonie, die 8. Sinfonie hat er u. a. im Rahmen des Pettersson-Zyklus 1993/94 in der Kölner Philharmonie aufgeführt.

Schließlich gilt es, die bislang einzige sinfonische Aufführung in Deutschland in diesem Jahr anzukündigen. Stefan Solyom, der im Jubiläumsjahr 2011 mit der 7. Sinfonie in Norrköping für stehende Ovationen sorgte (siehe hier), wird in Weimar mit der Staatskapelle Weimar die 7. Sinfonie erneut aufführen. Die Termine sind Sonntag, der 16. und Montag, der 17. März. Gekoppelt ist die Sinfonie mit Werken von Lidholm und Stenhammar. (Foto Orchester: Christiane Hoehne)

Staaatskapelle Weimar in der Weimarhalle

 Update: Gilles Apap hat für seine Konzerte mit der Camerata Nordica (Oskarshamn) das Programm geändert. Ursprünglich war Petterssons 1. Violinkonzert geplant, stattdessen steht nun Mendelssohns d-Moll-Violinkonzert auf dem Programm. Leider ist es nicht das erste Mal, dass Interpreten trotz Ankündigung einen Rückzieher machen – die Gründe dafür werden zumeist nicht mitgeteilt.

Alle Pettersson-Konzerttermine 2014 finden Sie hier.

 

 

 

Zwei Pettersson-Sinfonien in einem Konzert

Christian Lindberg dirigierte die 16. und die 4. Sinfonie von Allan Pettersson in Norrköping

** Links zu weiteren Rezensionen des Konzertes am Schluss des Artikels (scroll down for links to swedish reviews of the concerts)

Er ist der bedeutendste Sinfoniker des 20. Jahrhunderts in Schweden, und er wird kaum gespielt. Ausgerechnet die kleine Stadt Norrköping will das nun endlich ändern – mit der gemeinsamen Kraft des ansässigen Orchesters und Christian Lindberg, der schon als Kind „Fan“ von Allan Pettersson wurde. Das „Allan Pettersson Project“ wird also bis 2018 seine aktive Heimstatt in „De Geerhallen“ finden. Am 31. Oktober stellte Lindberg die 4. und die 16. Sinfonie im Konzert vor. Zwei Sinfonien in einem Konzert – das ist in der Pettersson-Rezeption bisher ohne Vergleich und stellt an Hörer wie Interpreten besondere Anforderungen. Zudem war es spannend, sich gleichzeitig mit einem Werk aus der ersten sinfonischen Schaffensphase aus den 50er-Jahren und der letzten vollendeten Sinfonie konfrontiert zu sehen. Nach der 16. Sinfonie (1979) blieb die 17. Sinfonie ein Fragment – Pettersson starb 1980.

Lindberg setzte die 16. Sinfonie, die als Auftragswerk für den US-Amerikaner Frederick L. Hemke als „Sinfonie mit Altsaxophon-Solo“ entstand, an den Beginn und die 4. Sinfonie an den Schluss. Beide Sinfonien sind wahrlich keine leichte Kost, so dass die Entscheidung, ein Werk von Lindberg selbst („Kundraan and the arctic light“) in die Mitte des Programms zu setzen, richtig war und sowohl Kontrast als auch Entspannung bot.

Der Konzertsaal in Norrköping war leider nur zur Hälfte gefüllt, das ambitionierte Programm zog aber viele Kenner und Liebhaber von Petterssons Musik von nah und fern an. Solist in der 16. Sinfonie war Jörgen Petterssson vom Stockholmer Saxophonquartett, der schon im Voraus bekannte, jede einzelne Minute dieser Musik zu genießen. „Halbe 80, frenetico“ schreibt Pettersson an den Beginn der Sinfonie – damit ist der Weg vorgezeichnet durch einen kaum einmal zur Ruhe kommenden Musik-Tunnel, durch den sich Pettersson am Saxophon mit dem Orchester windet. Der Solist konnte dem Komponisten eine starke Stimme geben, die auch notwendig ist, da Allan Pettersson hinter dem Altsaxophon mehrfach eine dissonant wogende Wand aufbaut – es ist eine Art Kampfarena des Lebens. Trotzdem bleibt als Eindruck kaum einmal der Schmerz oder die Resignation, es ist eher eine Art stetiges Aufbegehren und eine höllische Energie, mit der diese Sinfonie – in der Kürze fast vergleichbar der 10. Sinfonie, die ähnlich rumorende Wellen beinhaltet – aufwartet. Am Ende gibt es eine kurze Beruhigung, ein erschöpftes Ausatmen der Streicher. Und viel Applaus schon für diese große Leistung von Solist und Orchester.

Doch nach der Pause wartete eine erneute Gipfelbesteigung (Pettersson schrieb – so scheint es – ausschließlich „Achttausender“) auf das Orchester. Mit der 4. Sinfonie geht es in der Biografie zurück in die 50er-Jahre, längst hat sich Pettersson die Sinfonik auf die eigene Fahne geschrieben und entwickelt doch in den ersten vier Sinfonien – das Fragment der 1. Sinfonie eingeschlossen – erst allmählich seine unverkennbare Sprache. Dazu gehören hier auch noch viele Experimente vor allem in der Großform und in der Instrumentation. Die 4. Sinfonie sieht Petterssons größtes Schlagzeugarsenal und auch eine Celesta vor. Zwar ist die 4. Sinfonie vermutlich leichter fasslich als die 16., da sie in viele einzelne Blöcke geteilt ist und sogar Luft für Generalpausen bietet, doch zugleich erscheint das häufige offensichtliche Versiegen des gesamten Materials rätselhaft.

Lindberg und das Norrköping Symfonieorkester boten eine schier unglaubliche Leistung, zumal in kurzer Probenzeit eine sehr gute Qualität herrgestellt wurde – von Werken, die sicherlich keinem der Musiker je schon einmal auf dem Pult lagen. Vom Dirigenten ging nicht nur eine organisierende Klarheit aus, er versuchte gleichzeitig die großen Bögen und präzise Impulse in den Rhythmen zu setzen – das gelang vor allem deshalb auch sehr gut, weil man deutlich merkt, dass das Orchester mit den Kompositionen ihres Landsmannes immer vertraurer werden. Hier könnte sich ein typischer „Norrköping-Sound“ für Allan Pettersson herausbilden – die Aufnahmen werden es zeigen. Für die Weltgeltung des Komponisten wurde – im vierten Jahr in Folge – erneut ein wichtiger Beitrag geleistet.

Reviews in der schwedischen Presse:

* Norrköpings Tidningar: Allan Petterssons andrar hem

* Folkbladet: Musik som fångar livets smärta

* Review von Derek Ho (Blog)

* Review bei ResMusica (France – englisch)

* Review bei ResMusica (France – frz. Jean-Christophe Le Toquin)

* Artikel bei „OPUS“ – En svensk Mahler

 

Pettersson in Norrköping

petterssonproject

Am 31. Oktober wird das wohl spannendste Pettersson-Konzert-Ereignis dieses Jahres stattfinden. Christian Lindberg und das Norrköping Symfoniorkester werden Allan Petterssons 4. und 16. Sinfonie aufführen. Abgesehen von der Seltenheit der Aufführung einer dieser Sinfonien überhaupt ist es eine Premiere, dass zwei Sinfonien von Pettersson in einem Konzert erklingen. Lindberg, das Orchester und die schwedische Plattenfirma BIS, die die Gesamtaufnahme veröffentlicht, haben aber noch mehr vor: Am 31.10. findet um 13 Uhr in Norrköping eine Pressekonferenz statt, die das „Allan Pettersson Project“ in seiner Gesamtheit vorstellt. Das Projekt hat auch eine eigene Facebook-Seite.  Dazu gehört auch der Release der 9. Sinfonie, die letztes Jahr aufgeführt wurde und im Januar 2013 eingespielt wurde. Der offizielle Verkaufsstart dieser CD ist der 1. Dezember. Die CD beinhaltet auch eine DVD mit Peter Berggrens TV-Film über Allan Pettersson „Människans röst“ (Vox Humana, 1979) in einer restaurierten Version.

Zusätzlich zum Konzert werden im Foyer von de Geerhallen die berühmten Fotos von Gunnar Källström ausgestellt.

Zeitplan 31.10.2013

  • 13.00 Pressekonferenz De Geer Hall
  • 14.00 Filmvorführung Människans röst / Hemerycksalen
  • 18.30 Konzerteinführung von Stig Jacobsson
  • 19.00 Konzert – Pettersson, Sinfonie Nr. 16 mit Altsaxophon-Solo (Solist Jörgen Pettersson), Lindberg – Kundraan and the Arctic Light, Pettersson, Sinfonie Nr. 4

Infos über das Konzert / Tickets: Konzertseite beim NSO

Ich werde hier auf dem Blog über das Projekt berichten. Für die Verwendung der Bilder danke ich der Genehmigung des Norrköping Symfoniorkester.

© 2024 Petterssonblog

Theme von Anders NorénHoch ↑