Es waren großartige vier Tage, die vor allem die Mitglieder der Internationalen-Pettersson-Gesellschaft aber auch zahlreiche Besucher in Freiberg/Sachsen von Mittwoch bis Sonnabend erleben konnten. Gleich drei Aufführungen Petterssonscher Werke sowie ein wissenschaftliches Symposium mit zahlreichen, spannenden Vorträgen sorgten dafür, dass man auf eine sehr intensive, lebendige Weise dem Pettersson-Jubiläum gerecht wurde, wie es leider auf der Welt in diesem Jahr viel zu selten der Fall war.

Dazu gehörten in Freiberg vor allem einige leidenschaftliche Verehrer und Interpreten des Werkes von Allan Pettersson, die quasi in einer Kettenreaktion dieses kleine Festival erst möglich gemacht haben und sich dabei in den Dienst der Musik stellten: Zunächst Jan Michael Horstmann, GMD des Theaters in Freiberg, dessen Pettersson-Leidenschaft schon in den 90er Jahren entbrannte, als er als Dirigent an der Seite von Peter Gülke in Wuppertal arbeitete, welcher damals Pettersson in Deutschland in großem Umfang in die Konzertsäle und damit ins Bewusstsein holte, damit auch einen Grundstein für die Pettersson-Rezeption in Deutschland legte. Horstmann dirigiere bereits 2009 die 7. Sinfonie in Freiberg. Damals war der Sinfonie das Violinkonzert von Sibelius zur Seite gestellt, die Solistin war eine junge Geigerin aus München: Rebekka Hartmann. Nachdem sie die 7. Sinfonie hörte, war sie ebenfalls „infiziert“, das Resultat war nun die Zusammenarbeit zwischen Horstmann und Hartmann, die keine geringere Vision verfolgten als das 1978 geschriebene, höchst anspruchsvolle 2. Violinkonzert in Freiberg zur Aufführung zu bringen.

Dies geschah nun im 1. Sinfoniekonzert der laufenden Saison, mit Mahlers 10. Sinfonie und Korngolds „Schauspielouvertüre“ stellte Horstmann Werke aus dem Geburtsjahr Petterssons dem Violinkonzert zur Seite und offenbarte damit interessante Querverbindungen. Als die Realisierung dieses Konzertes näher rückte, beschloss die Pettersson-Gesellschaft, nicht nur ein Symposium und die zweijährliche Mitgliederversammlung in Freiberg stattfinden zu lassen, durch das Engagement weiterer Pettersson-Verrückter gab es auch noch zwei Kammerkonzerte: Das Duo Gelland, gerade von einer USA-Tournee zurückgekehrt, wo ebenfalls Pettersson auf dem Programm stand, spielte am Freitagabend die „Sieben Sonaten für 2 Violinen“, und Horstmann selbst setzte sich am Sonnabend ans Klavier, um Petterssons „Barfußlieder“ der Winterreise von Franz Schubert gegenüberzustellen.

Das kam auch beim Publikum gut an – dem 2. Violinkonzert, das erst nach der Pause gegeben wurde, folgte langer Beifall eines bewegten Publikums, das vor der Aufführung auch das im Werk zitierte Barfußlied Herren går på ängen im Original hören konnte. Vor allem honorierten die Zuhörer die Leistung der Solistin Rebekka Hartmann, die dieses 50minütige Monstrum eines Violinkonzertes in einem Satz nicht nur mit unabdingbarer elektronischer Verstärkung meisterte, sondern auch mit einem anhaltend großen Geigenklang und absoluter technischer Souveränität – stets legte sie sich mit vollem Risiko, aber auch großer Spielfreude in jede neue große Welle des Werkes hinein und verhalf dem großen kantablen Abgesang zu tiefem Ernst. Das Orchester unter Horstmann ging da Takt für Takt mit – solcher Enthusiasmus wirkte auch wie befreiend auf die Musiker, die harte Proben hinter sich hatten und sicher für sich selbst erst einmal einen Zugang zu dieser Musik finden mussten. Am Ende wirkte das Konzert bei den Interpreten wie bei den Zuhörern lange nach.

Das Symposium fand unter dem Titel „Pettersson100. Differenzierung und Aufbruch“ von Donnerstag bis Sonnabend in der Musikschule Freiberg statt, hierbei kamen sowohl Vorträge zu einzelnen Werken wie der 4. Sinfonie, Vox Humana und den Barfußliedern zur Geltung, als auch übergreifende Betrachtungen zur Rezeption des Werkes oder zum Stand der Forschung. Alle Vortragsthemen finden sich hier in einem PDF. Die Vorträge sollen auch bald publiziert werden.

* Rezension: Chemnitzer „Freien Presse“, Reinhold Lindner: „Ein Lied Gustav Mahlers und die Folgen“